ALmotion
10-Liter-Bassreflexbox mit Alu-Bass und Air-Motion-Hochtöner
Bei der Auswahl meiner Lautsprecherkonzepte für den Selbstbau orientiere ich mich gern an interessanten und positiv beleumdeten Fertigprodukten. Dabei wecken meist höherpreisige Lautsprecherkonzepte mein besonderes Interesse.
In diesem Fall war es eine kleine 2-Wege-Kompaktbox eines süddeutschen Herstellers mit Aluminium-Tiefmitteltöner und einem kleinen Air-Motion-Hochtöner im vierstelligen Preisbereich. Diese diente mir aber lediglich als Konzeptvorlage, denn die ALmotion ist eine eigenständige und deutlich günstigere Konstruktion:
Kompaktlautsprecher sollten auf soliden Ständern untergebracht werden. Etwas Abstand zu den angrenzenden Wänden ist akustisch von Vorteil.
Chassis
Die Planung und der Bau der ALmotion erfolgten anlässlich des Frühjahrs-Battle-2014 des DIY-Hifi-Forum unter dem Motto "10 Liter - sonst nix". Dazu fiel meine Wahl zunächst auf den Aluminium-Tiefmitteltöner Fountek FW-146 (auch als Omnes Audio FW-146 erhältlich), der mit 36.- € /Stück ein geradezu sensationelles Preis-/Leistungsverhältnis bietet und mit seiner leichten, aber äußerst stabilen Membran für Bassreflexvolumen von 10-13 Litern perfekte Chassisdaten liefert. Darüber hinaus ist er auch für den Fullrange-Betrieb geeignet und ermöglicht somit eine ausreichend hohe Trennfrequenz zu seinem Spielpartner AMT-9 M.
Dieser nach dem Air-Motion-Prinzip von Oskar Heil arbeitende Hochtöner stammt von Audiopur (Vertrieb Fa. Strassacker) und ist mit ca. 50.- € /Stück für ein Chassis dieser Bauart ebenfalls als sensationell günstig zu bezeichnen. Bis auf die Beschränkung seines Einsatzbereichs auf oberhalb 3,5 bzw. 4 KHz (je nach Beschaltung und Einsatzzweck), wurde er in einem Test der Zeitschrift Klang & Ton (Ausgabe 5/2013) in allen wichtigen Disziplinen positiv bewertet - Testfazit: " extrem günstiger Air-Motion-Transformer, ab 4 Kilohertz perfekt ".
Das rückseitige Reflexrohr leitet unerwünschte Mitteltonanteile nach hinten und sorgt für eine dezente Basserweiterung, benötigt aber etwas Abstand zur Wand.
Gehäuse
Der Aufbau der quaderförmigen Gehäuse ist recht einfach, lediglich zwischen den beiden Seitenwänden wird eine Stützleiste eingesetzt. Für den mit der Schallwand bündigen Einbau der beiden Chassis sind allerdings entsprechende Fräsungen notwendig.
Das rückseitige Bassreflexrohr Intertechnik Streamline 45 schlägt zwar mit ca. 7.- € zu Buche, bietet jedoch für den auf 17 cm anzupassenden Arbeitsbereich eine ausreichende Länge und eine sehr gute, vibrationsfreie Stabilität. Zur besseren Entkopplung der Lautsprecher wurden auf der Gehäuseunterseite Spikes von Dynavox montiert. Die soliden Lautsprecherterminals stammen ebenfalls von Dynavox und sorgen für eine sichere Verbindung mit dem antreibenden Verstärker.
Da der Gehäuseaufbau sowohl auf Stoß, als auch auf Gehrung erfolgen kann, findet sich hier keine explizite Holzteileliste. Die benötigten Maße für die jeweils gewünschte Version bitte ich aus der Gehäusezeichnung zu errechnen. Die vorgegebene Materialstärke beträgt 19 mm.
Frequenzweiche
Entwicklungsarbeit: "fliegender" Aufbau der geplanten Frequenzweichenteile und der in Frage kommenden Alternativwerte - Messequipment ist hier Pflicht. Bild rechts: nach erfolgreicher Hörprobe noch ein paar letzte Messungen, bevor es an den endgültigen Zusammenbau geht.
Das zuvor aus den Messungen der unbeschalteten Chassis erstellte BoxSim-Projekt sah schon recht vielversprechend aus und ist - bis auf die geringfügig höhere Übernahmefrequenz - verblüffend nah an den finalen Messergebnissen. Auch die für diese Boxengröße souveräne Basswiedergabe ließ sich bereits erahnen.
Die Frequenzweiche habe ich sowohl qualitativ, als auch preislich auf die verwendeten Chassis abgestimmt. Dabei galt es, einen klanglichen Kompromiss zwischen lebendiger Eigenständigkeit und neutraler Klangrichtigkeit zu finden. Für Ersteres auf das Notwendigste beschränkt, generieren die beiden Filter zur Erfüllung der zweiten Forderung einen ausgewogenen Frequenzgangverlauf mit auf Achse minimal steigendem Hochton, leicht zurückgenommener Präsenz (wird unter Winkel "aufgefüllt", siehe 30°- Messung) und einer im Übernahmebereich korrekten Phasenlage.
Die niedrigen Bauteilewerte ermöglichen darüber hinaus den konsequenten Einsatz von Luftspulen in den Filterzweigen, ohne gleich ein großes Loch in das Budget zu reißen. Der für den Tiefmitteltöner erforderliche Saugkreis begnügt sich mit einer Rohrkernspule. Als geeigneter Kondensator für den Signalweg des Hochtöners erwies sich einmal mehr der sehr preisgünstige, aber klanglich richtungsweisende MKP Q6 von Intertechnik. An dieser klangrelevanten Stelle darf aber auch gern mit anderen gleich- oder höherwertigen Folien experimentiert werden, da der AMT trotz seines günstigen Preises unterschiedliche Bauteilequalitäten recht deutlich offenlegt.
Der Gesamtpreis der von mir für die Weiche verwendeten Bauteile liegt bei ca. 25.- €/ Box. Alle Teile wurden auf einer 10 x 16 cm großen Epoxy-Platte aufgebaut, die auch nachträglich noch durch die untere Chassisöffnung des Gehäuses passt und innen auf den Gehäuseboden geschraubt wird.
Bedämpfung
Die eher sparsame Gehäusebedämpfung mit einer 20 mm-Pyramidenschaummatte auf der Gehäuserückwand habe ich bewußt gewählt. Sie ermöglicht eine dynamische Basswiedergabe und gewährleistet, dass der Tiefmitteltöner gegenüber dem AMT akustisch nicht ins Hintertreffen gerät. Trotz des vermeintlich niedrigen Kennschalldrucks von knapp 82 dB, baut die Box bereits bei sehr geringen Lautstärken ein vollständiges Klangbild auf. Je nach persönlichem Geschmack und Aufstellung darf hier aber auch gern mit zusätzlicher Bedämpfung am Deckel und/oder an den Seitenwänden experimentiert werden.
Die errechneten Gesamtkosten des Projekts in der hier vorgestellten Ausführung liegen (inklusive MDF-Zuschnitt, aber ohne Finish) bei ca. 135.- € pro Box, was angesichts des Materialeinsatzes und der gebotenen Leistung als sehr günstig bezeichnet werden darf. Der Bauvorschlag für die ALmotion wurde in der Zeitschrift HobbyHifi (Ausgabe 3/2015) als Leserprojekt veröffentlicht.
Eine Meinung aus dem DIY-Hifi-Forum zur ALmotion:
"War der Lautsprecher auf dem 10-Liter Battle im letzten Jahr schon richtig gut, hat Micha's Weichenüberarbeitung den kleinen Lautsprecher richtig nach vorne gebracht. Die Chassis spielen jetzt perfekt zusammen und liefern ein sehr neutrales, dennoch aber nicht langweiliges, Klangerlebnis. Die Bühnendarstellung war großartig und auch bei Roger Waters "The Ballard of Ron Hubbard" waren die psychoakustischen Effekte sehr schön im Raum platziert, was auf eine perfekte Phasenlage der Chassis zueinander schließen lässt. Die Kombi aus dem Fountek FW-146 und dem kleinen Audiopur AMT-9M ist sehr stimmig und von meiner Seite sehr zum Nachbau empfohlen. Ganz nebenbei: das Ding kostet alles inklusive weit unter 300 ‚¬ €/Paar - Große Klasse!!!"
Messungen (alle Messungen erfolgten aus 1 Meter Entfernung auf Hochtönerebene)
Frequenzgang auf Achse mit Raum (nicht pegelkalibriert, 1/12 Glättung):
Frequenzgang auf Achse ohne Raum (nicht pegelkalibriert, nicht geglättet):
Frequenzgang 30° (ohne Raum, nicht pegelkalibriert, nicht geglättet):
Einzelzweige auf Achse (ohne Raum, geglättet):
Wasserfall:
Impedanz und elektrische Phase:
